Als mich Mitte Oktober die Nachricht erreicht, dass Gerold verstorben ist, war dies ein großer Schock! Denn obwohl Gerold nach mehreren Schlaganfällen schon seit längerer Zeit gehandicapt war und deshalb auf Fahrten und auf seine persönliche Anwesenheit bei Turnieren verzichten musste, nahm er doch immer noch rege Anteil am aktuellen Bremer Schachgeschehen.

Zwar wurde Gerold schon vor einiger Zeit mit der Silbernen Ehrennadel des Landesschachbundes ausgezeichnet, dennoch wäre es schön gewesen, noch ein paar letzte Worte mit ihm wechseln zu können, eine letzte gemeinsame Weihnachtsfeier zu erleben.

Nun bleibt uns nur dieser Weg, um noch einmal „Danke“ zu sagen für fast 20 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit in der Bremer Schachjugend, für unzählige Fahrten zu Turnieren in ganz Deutschland, für die Organisation von Meisterschaften, das Bereitstellen von Räumlichkeiten, das Erstellen von Turnier- und Trainingsheften, die Verwahrung und Pflege des gesamten Bremer Schachmaterials und vieles mehr.

Ich lernte Gerold im Herbst 1997 kennen. Gerade war Oliver Müller als Vorsitzender der Bremer Schachjugend zurückgetreten, und ich hatte kommissarisch das Amt übernommen.

Gerold war ebenfalls neu in der Jugendarbeit beim SK Bremen-West, konnte aber auf immense Erfahrungen aus vielen Jahren Pfadfinderarbeit zurückgreifen. Und so tauschten wir uns mehrmals zu verschiedenen Themen der Jugendarbeit aus und lernten uns gegenseitig schätzen.

Schon kurze Zeit später, im März 1998, wurde er zum neuen 2. Vorsitzenden der Bremer Schachjugend gewählt und bereits im Mai fand die erste von zahlreichen Vorstandssitzungen bei ihm zuhause statt (Kassenwart war damals übrigens ein gewisser Oliver Höpfner, Turnierleiter Gerhard Riewe, später Nationaler Spielleiter der Deutschen Schachjugend). Dabei ließ Gerold es sich bis zum Schluss nicht nehmen, den gesamten Vorstand großzügig mit Essen und Getränken zu bewirten, so dass die Sitzungen – in vielen Verbänden ja eher eine langweilige und ungeliebte Pflichtaufgabe – bei uns stets in angenehmer Atmosphäre und mit guter Stimmung abgehalten wurden.

Und wenn besonders schwierige Themen anstanden, konnten wir immer auf Gerolds großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns allen in diesem Zusammenhang sicher eine Vorstandssitzung, die am 11. September 2001 stattfand und bei der nicht besonders viel über Schach gesprochen wurde.

Von Anfang an galt Gerolds besondere Liebe den Jugendmannschaftskämpfen, so dass es nicht überraschte, dass er im Jahr 2000 das Amt des Turnierleiters übernahm. Unter seiner Regie wurde der Mannschaftsspielbetrieb vollkommen neu aufgebaut, zusätzliche Spielmöglichkeiten für U12-Mannschaften geschaffen und das Amt schließlich aufgrund der vielen neuen Aufgaben in Turnierleiter Einzel und Mannschaft aufgeteilt.

Immer mehr Vereine konnten von Gerold motiviert werden, eine Mannschaft für den Jugendspielbetrieb anzumelden, der Rekord wurde in der Saison 2006/2007 mit 35 teilnehmenden Mannschaften erreicht.

Parallel ging es auch mit seinem Verein, dem SK Bremen-West, stetig bergauf und der Klub entwickelte sich zu einem der führenden Vereine im Bremer Jugendschach mit zahlreichen Teilnahmen an Norddeutschen Meisterschaften, Deutschen Schulschachmeisterschaften und sogar einem Start in der Jugendbundesliga.

Aber auch über die Jugendmannschaftskämpfe hinaus ist Gerold aus der Bremer Schachszene der letzten Jahre nicht wegzudenken – keine Aktion, bei der er nicht irgendwie beteiligt war -  und natürlich auch nicht zu ersetzen:

Austragung der Bremer Jugendeinzelmeisterschaften als Event mit Übernachtung (in Ristedt, Oldenburg und Bremerhaven), Schachfreizeiten im Schullandheim mit legendären Nachtwanderungen und von Gerold selbst zubereiteten Mahlzeiten, Erstellen von Turnierheften in mühseliger Kleinarbeit (Ausschneiden und Zusammenkleben) oder einfach nur eine gemeinsame Fahrt in seinem Schachbus zur Deutschen Meisterschaft. All das werden wir in Zukunft ohne ihn bewältigen müssen.

Über all die Jahre verlor Gerold nie seine Begeisterung für den Schachsport und eine besondere Fähigkeit von ihm lag sicherlich darin, diese Begeisterung an andere, insbesondere an Kinder und Jugendliche, weiterzugeben und sie so für die Mitarbeit im Vorstand zu gewinnen.

So wurden sowohl Jago Matticzk (seit 2000 zunächst Turnierleiter, bis heute Schulschachreferent der BSJ) als auch Christian Maeder (aktueller Turnierleiter Mannschaft) von Gerold „entdeckt“ und gefördert. Viele der ehemaligen Jugendsprecher der Bremer Schachjugend wie Marco Müller oder Dorian Rohr kamen aus seinem Verein, dem SK Bremen-West.

Auch persönlich werde ich Gerold sehr vermissen: nie wieder in meiner langen Funktionskarriere konnte ich mich so gut, aber trotzdem sachlich, mit jemandem streiten wie mit Gerold. Bei wirklich wichtigen Dingen waren wir zwar meistens einer Meinung, bei Kleinigkeiten dafür fast nie. Die übrigen Vorstandskollegen konnten immer nur erstaunt und fasziniert beobachten, wie wir erbittert über ein Urkundenmotiv, die Verteilung von Pokalen oder die Auswahl verschiedener Schachcomics für Turnierhefte stritten.

Gerold wird eine große Lücke im Bremer Schach hinterlassen, denn jemanden, der sich so unermüdlich und trotzdem mit so viel Freude und Leidenschaft für das Jugendschach in Bremen einsetzt, werden wir wohl nie wieder finden!

 

Für die Bremer Schachjugend

Ulrike Schlüter